
In einer Ära des Söldner-Fußballs entsteht in Deutschland eine Geschichte von Loyalität.
In einer Fußballwelt, die oft von astronomischen Transfersummen und lebensverändernden Verträgen beherrscht wird, hat sich Borussia Mönchengladbachs Stürmer Tim Kleindienst zu einem bemerkenswerten Schritt entschlossen: Er lehnte ein gigantisches Angebot des saudi-arabischen Topklubs Al Hilal ab, das ihm rund 200.000 € pro Woche eingebracht hätte, und bleibt stattdessen bei dem Bundesligisten, den er sein „Zuhause“ nennt. Der 29-jährige deutsche Nationalspieler, der seit seinem Wechsel von Heidenheim vor etwas mehr als einem Jahr zu einer Kultfigur im Borussia-Park geworden ist, zeigt, dass nicht jeder Profi ausschließlich vom Geld getrieben wird.
Vom Unterhaus zum Bundesliga-Shootingstar
Kleindiensts Weg zu einem der begehrtesten Stürmer der Bundesliga verlief alles andere als gewöhnlich. Der Angreifer begann seine Karriere bei Energie Cottbus, spielte anschließend für den SC Freiburg und fand schließlich bei 1. FC Heidenheim zu seiner Form, wo er zur Vereinslegende aufstieg. Unvergessen bleibt sein Treffer in der 99. Minute am letzten Spieltag der Saison 2022/23, der Heidenheim den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga sicherte.
Auch in der Bundesliga knüpfte er nahtlos an: Gleich in seiner Debütsaison sorgte er mit einem Doppelpack gegen den FC Bayern München beim 3:2-Sieg für Schlagzeilen – es war die erste Niederlage der Bayern gegen einen Aufsteiger seit 2000. Am Ende der Saison standen für ihn 16 Tore und 10 Vorlagen in allen Wettbewerben zu Buche.
Das verlockende Angebot aus dem Osten
Wie mehrere Berichte bestätigen, hatte Al Hilal Kleindienst als zentralen Transferwunsch für den Sturm auserkoren. Der Vertrag hätte dem Deutschen etwa 200.000 € pro Woche eingebracht – ein Vielfaches seines derzeitigen Gehalts bei Gladbach (ca. 47.115 € pro Woche).
Saudi-Arabien verfolgt eine aggressive Transferstrategie, die bereits Stars wie Cristiano Ronaldo, Neymar und Karim Benzema in die Liga gebracht hat. Für einen Spieler wie Kleindienst, der sich erst spät im Oberhaus etabliert hat, wäre dies eine einmalige finanzielle Absicherung gewesen.
Warum bleiben? Loyalität vor Reichtum
Trotz der astronomischen Zahlen begründet Kleindienst seine Entscheidung mit der tiefen Bindung, die er zu Borussia Mönchengladbach aufgebaut hat. Auf die Frage nach seiner Zukunft erklärte er eindeutig: „Ich bin hier glücklich, das ist mein Zuhause.“
Bemerkenswert ist seine Haltung auch deshalb, weil er derzeit aufgrund eines schweren Meniskusrisses nach einer Operation ausfällt und wohl erst im November 2025 zurückkehrt. Anstatt in dieser verletzungsbedingten Zwangspause das große Geld zu suchen, bleibt er dem Verein treu, der ihm den Sprung auf die große Bühne ermöglichte.
Sportliches Projekt statt schnelles Geld
Neben der emotionalen Komponente spielte auch die sportliche Perspektive eine Rolle. Mit 29 Jahren befindet sich Kleindienst im besten Stürmeralter – und die WM 2026 rückt näher. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat mehrfach betont, dass nur regelmäßig spielende Profis Chancen auf eine Nominierung haben. Ein Wechsel nach Saudi-Arabien hätte seine Nationalmannschaftsambitionen gefährden können.
Seit seinem Debüt im Oktober 2024 absolvierte Kleindienst 6 Länderspiele und erzielte 4 Treffer, darunter ein Doppelpack gegen Bosnien-Herzegowina sowie ein Tor gegen Italien in der Nations League.
Bedeutung für Borussia Mönchengladbach
Für Gladbach ist der Verbleib ein wichtiges Signal. In den vergangenen Jahren verlor der Klub häufig Leistungsträger an finanzkräftigere Vereine. Dass Kleindienst trotz Mega-Angebot bleibt, zeigt, dass das Projekt von Sportdirektor Roland Virkus weiter überzeugt.
Allerdings muss Gladbach die ersten Monate der Saison 2025/26 ohne seinen Torjäger überstehen. Als Ersatz wird unter anderem der marokkanische Angreifer Hamza Igamane von den Glasgow Rangers gehandelt.
Ein Gegenentwurf zum Trend?
Kleindiensts Absage an Saudi-Arabien kommt zu einer Zeit, in der die europäische Fußballwelt die wachsende Anziehungskraft der Saudi Pro League kritisch betrachtet. Während viele Spieler die lukrativen Angebote annehmen, entscheiden sich andere bewusst dagegen. Neben Kleindienst gehören auch Spieler wie Harry Kane (Bayern München) oder Luka Modrić (Real Madrid) zu jener Minderheit, die sportliche Ambitionen über finanzielle Vorteile stellen.
Reaktionen der Fans
Seine Loyalität macht Kleindienst bei den Gladbach-Fans noch beliebter. In sozialen Netzwerken lobten viele die klare Haltung des Stürmers und stellten den Kontrast zu den „Söldner-Transfers“ anderer Profis heraus.
Seine Karriere spiegelt die Philosophie des Vereins wider: harte Arbeit, Geduld und nachhaltiger Aufbau – statt schnelle Lösungen durch teure Einkäufe.
Ausblick
Nun hoffen Verein und Fans auf eine vollständige Genesung, damit Kleindienst nach seiner Verletzungspause wieder an seine Topform anknüpfen kann. Schon in der Saison 2023/24 glänzte er mit beeindruckenden Statistiken:
Meiste gewonnenen Luftzweikämpfe in der Bundesliga (187)
Höchste Anzahl an Sprints (1.056)
16 Tore und 10 Assists in allen Wettbewerben
Damit unterstreicht er sein einzigartiges Profil: ein Stürmer mit physischer Präsenz und enormem Arbeitspensum – perfekt zugeschnitten auf die Bundesliga.
Für Gladbach-Anhänger ist klar: Ihr Torjäger bleibt – trotz Verlockungen. In einer Zeit, in der Loyalität im Fußball selten geworden ist, erinnert Kleindiensts Entscheidung daran, dass Erfolg nicht immer am Geldbeutel gemessen wird.
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